Der Fritz, ein durchaus fleißiger Student
so schwer er sich von seiner Arbeit trennt,
verlebte dennoch seine Studienpause
nicht ungern in des guten Onkels Hause,
wo es denn auch des Morgens wohl mal kam,
daß er bescheiden seinen Bittern nahm.
Da fragt Hermine, sein fein geliebtes Bäschen,
und rümpft das Näschen:
Was hast du da für Zeugs in deinem Gläschen?
Dies, sprach er, nennt man einfach Doornkaat,
ein Elixir, was fern am Nordseestrand
der Pieter Doornkaat zum Glück erfand,
womit es folgende Bewandtnis hat:
Es war 'ne schwüle, dunkle Nacht.
Der Pieter hält am Strande Wacht.
Was ist das für ein heller Schein?
Das ist ein Schifflein hübsch und klein.
Es leuchtet helle, segelt schnelle,
schwebt immer auf der höchsten Welle,
ist ganz aus Rosenholz gezimmert,
sein Segel ganz von Seide flimmert,
hat eine Flagge aufgehisst,
worauf ein Herz zu sehen ist;
und lächelnd steht auf dem Verdeck
ein Knabe lockig, blond und keck,
mit einem Flügelpaar geziert,
der Köcher, Pfeil und Bogen führt.
Da geht es kracks! Und an dem Riff
zerschellt das kleine Wunderschiff.
Pechschwarze Nacht! Bald blickt jedoch
der Mondschein durch ein Wolkenloch.
Herausgespült und hingestreckt,
wie tot, von Seetang überdeckt
liegt da der Knabe auf dem Strand,
den Pfeil und Bogen in der Hand.
Der Pieter, der ein guter Tropf,
frottiert ihn, stellt ihn auf den Kopf,
bläst ihm ins Mäulchen, ja, und richtig,
der Bursch wird wieder lebenstüchtig,
springt auf, ist schrecklich ungezogen,
Nimmt seinen Pfeil, spannt seinen Bogen,
schießt Pietern durch die dicke Jacke,
wird eine Möwe, macht gagacke
und ist verschwunden. Welche Schmerzen
fühlt Pieter Doornkaat im Herzen!!!
Er mag nicht gehn, er mag nicht ruh'n,
er mag nichts essen, mag nichts tun.
Er klagt dem Trinchen seine Qual,
der ist es aber ganz egal.
Er möchte sich beinah ertränken,
totstechen oder gar erhenken,
wär alles dies nicht überhaupt
höchst unbequem und unerlaubt.
So sammelt er denn schließlich Kräuter,
kocht, destilliert sie und so weiter,
bis eine Qintessenz zuletzt
sich aromatisch niedersetzt.
Die braucht er dann hauptsächlich innen,
und schau! Die Schmerzen zieh'n von hinnen.
Bald wird es weit im Reiche kund,
was dieser Doornkaat erfund.
Gar mancher will das Tränklein kosten,
bezieht es dann in großen Posten,
sodaß der Pieter sich fortan
vor lauter Geld nicht bergen kann
und kriegt auch seine Trine.
Noch heut, schloss Vetter Fritz, ist Doornkaat
für Leib- und Seelenschmerz probat.
Dein Wohl, Hermine!